Unterstützte Projekte

ATD Quart Monde

ATD Quart Monde bringt die Stimmen von Menschen in prekären Lebenslagen ins Licht – durch ein kraftvolles künstlerisches Projekt, in dem Kreativität mit Würde und Menschenrechten einhergeht.

Foto einer Gruppe von Personen, die vor einem Plakat mit der Aufschrift „Ich existiere“ sitzen.

©Rari Matei

  • Aktionsbereich Soziales

Mit J’existe hat ATD Quart Monde ein künstlerisches Projekt von außergewöhnlicher menschlicher und gesellschaftlicher Tragweite ins Leben gerufen. Indem Menschen in Armut mit professionellen Künstler*innen zusammengebracht wurden, verfolgte das Projekt ein klares Ziel: das Unsichtbare sichtbar zu machen. Gemeinsam setzten sich die Beteiligten mit dem Thema Armut als Verletzung der Menschenrechte auseinander – auf der Bühne, im Ausdruck, im Erleben. Im Zentrum stand eine Überzeugung: Kulturelle Rechte sind ein entscheidender Hebel, damit die am meisten Benachteiligten auch ihre anderen Rechte geltend machen können.

Von Anfang an war unser Ziel klar: jenen eine Stimme geben, denen sie sonst verweigert wird.

Carlo Kieffer ATD Quart Monde

Das Projekt wurde über mehr als ein Jahr hinweg mit Geduld, zahlreichen Begegnungen und intensiver Recherche aufgebaut. Mit Sorgfalt, Respekt und Engagement wurde es in Partnerschaft mit Maskénada durchgeführt – einem Kulturkollektiv, das für seine ko-kreativen Projekte bekannt ist.

Eine Bühne für das, worüber sonst geschwiegen wird

Die Abschlussaufführung – ein echter kollektiver Höhepunkt – vereinte Lebensgeschichten, Gesten, kraftvolle Bilder und eine befreite Sprache. Sie gab Menschen, die sonst oft an den Rand gedrängt werden, die Möglichkeit, im Mittelpunkt zu stehen. „J’existe“ wurde dabei nicht geschrien, sondern gestaltet.

Eine im Rahmen des Projekts organisierte Podiumsdiskussion griff das Thema institutionelle Misshandlung auf – ein im künstlerischen Kontext selten behandeltes Thema, das jedoch zentral ist, um Mechanismen der Ausgrenzung zu verstehen. Das Gespräch war entsprechend intensiv, ehrlich und wohltuend.

Menschliche und logistische Herausforderungen… gemeinsam bewältigt

Wie bei Projekten dieser Art üblich, blieben Schwierigkeiten nicht aus. Der Alltag – geprägt von Stress, Erschöpfung oder Krankheit – machte die Organisation oft herausfordernd. Doch durch die Fürsorge, das Engagement der künstlerischen Teams und den Durchhaltewillen der Teilnehmenden konnte das Projekt voranschreiten.

„Eine Teilnehmerin verletzte sich an der Schulter. Und doch war ihre Motivation so groß, dass sie unbedingt bis zum Ende dabei bleiben wollte. Das war eines von vielen Beispielen für die Stärke, die dieses Projekt hervorgebracht hat.“

Die verlässliche Unterstützung der Œuvre Nationale und wichtiger Partner ermöglichte eine hochwertige Begleitung – ohne dabei Kompromisse bei der menschlichen Dimension des Projekts einzugehen.

Anerkennung – öffentlich und ganz persönlich

Die Standing Ovation bei der Premiere galt nicht nur der künstlerischen Leistung – sie würdigte auch Leben, Stimmen und Präsenz, die sonst oft überhört werden.

Was wir vermitteln wollten, ist angekommen. Das Publikum hat den Geist des Stücks verstanden – das ist unser größter Erfolg.

Carlo Kieffer ATD Quart Monde

Ein Fotobuch ist bereits erschienen, ein Film ist in Arbeit, und eine umfassende Dokumentation des gesamten Prozesses befindet sich in Vorbereitung. Diese Spuren werden das Projekt weitertragen – als Instrument für Sensibilisierung und sozialen Wandel.

Eine Ambition, die über die Bühne hinausgeht

Für ATD Quart Monde ist J’existe weit mehr als ein künstlerisches Projekt – es ist eine Daseinsbekundung, ein Manifest gegen das Unsichtbarmachen. Durch diese Erfahrung wurde einmal mehr deutlich, was die Organisation seit jeher vertritt: Kultur ist kein Luxus, sondern ein grundlegendes Recht.

Dieses Projekt zeigt, dass Menschen in Armut nicht nur an kulturellem Leben teilhaben können – sie können auch unser kollektives Denken verändern.

Carlo Kieffer ATD Quart Monde

Und wie geht es weiter?

Das Echo ist eindeutig: J’existe soll weitere Initiativen inspirieren. ATD Quart Monde möchte dieses Projekt als Modell für gleichberechtigte Partnerschaften zwischen Künstler*innen und von Armut betroffenen Menschen etablieren.

„Unsere Hoffnung ist, dass unsere Gesellschaft langfristig das transformative Potenzial gemeinschaftlicher Kulturprojekte erkennt. Dass wir aufhören, manche Menschen als ‚Begünstigte‘ zu sehen, und sie als gleichwertige Akteur*innen des Wandels anerkennen.“

Der Weg geht weiter. Getragen vom Einsatz gegen Ungerechtigkeit und vom Mut alltäglicher Kämpfer*innen führt ATD Quart Monde seinen Auftrag mit einem einfachen, aber kraftvollen Leitsatz weiter: „Den Stimmlosen eine Stimme geben.“

Und mit einer grundlegenden Erinnerung, die weit über die Bühne hinaus nachhallt: „Wo Menschen gezwungen sind, in Armut zu leben, werden Menschenrechte verletzt. Sich zusammenzuschließen, um sie zu achten, ist eine heilige Pflicht.“ — Joseph Wresinski, 17. Oktober 1987
 

Fünf Personen mit Schildern.

@Rari Matei